Vereinsgeschichte

„Bürger für Obdachlose“ in Köln

Im Winter 93/94 veröffentlichten der Kölner Stadtanzeiger und der Express eine Artikelserie zum Thema „Obdachlosigkeit in Köln“. Aus der Betroffenheit über die Lebensumstände obdachloser Menschen auf den Straßen unserer Stadt folgte für eine Gruppe Kölner BürgerInnen der Impuls zu helfen, sich für obdachlose Menschen zu engagieren und auch langfristig beim Wiedereinstieg in das sesshafte Leben zu unterstützen. Angeregt durch die Aussage eines Vertreters des Wohnungsamtes, wonach die „Stadt“ mehr Wohnraum für obdachlose Menschen bereitstellen könnte, wenn es mehr Trägervereine der freien Wohlfahrtspflege gäbe, lag die Gründung eines Vereins  nah.

Bei unserem ersten Treffen im Februar 1994, an dem 11 Personen teilgenommen haben, lernten wir uns und unsere Interessen zunächst einmal kennen. Da sich herausstellte, dass kaum einer von uns Erfahrungen in der Arbeit mit Obdachlosen hatte, kamen wir auf die Idee, zunächst über eine zusätzliche Suppenküche am Montagabend Kontakte zu den Nicht-Sesshaften aufzubauen. Im August – der Verein hatte inzwischen mehr als 20 Mitglieder – hatten sich dann zwei Gruppen mit jeweils 4 Personen zusammengefunden, die im wöchentlichen Wechsel das Essen kochen, transportieren und schließlich am Appellhofplatz verteilen wollten.

Andere Mitglieder waren mit den zahlreichen Gründungsformalitäten – wie z.B. der Erstellung einer Satzung, Eintragung ins Vereinsregister, Anmeldung beim Finanzamt u.v.m. – beschäftigt.

Ziel des Vereins ist es, in Zusammenarbeit mit der Stadt Köln Obdachlosen zu helfen, ins „sesshafte“ Leben zurückzukehren und einen Haushalt/eine Wohnung zu unterhalten. Alle Mitglieder des Vereins arbeiten ehrenamtlich neben ihren beruflichen und familiären Verpflichtungen.

An die Gründung des Vereins „Bürger für Obdachlose e.V.“ in der Gestalt wie er heute besteht dachte damals niemand.

Das Engagement des eingetragenen Vereins weitete sich im Laufe der ersten zweieinhalb Jahre auf drei Schwerpunkte auf:

1. Das Cityprojekt: Der Obdachlosentreff am Appellhofplatz mit Essensausgabe

2. Das Wohnprojekt

3. Das Arbeitsprojekt mit dem Gebrauchtwarenkaufhaus.

Das Cityprojekt: Der Obdachlosentreff am Appellhofplatz

Stand anfangs noch die Verteilung von warmen Mahlzeiten und Kleidung im Vordergrund, so hat sich der Schwerpunkt am Appellhofplatz in den letzten Jahren zu einem szenenahen Treffpunkt von obdachlosen Personen untereinander und mit engagierten Bürgern entwickelt.

Mittlerweile werden an allen Werktagen warme Mahlzeiten und Getränke verteilt und ambulante medizinische Hilfe geleistet. Zur Essensverteilung kommt regelmäßig eine in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt organisierte Ambulanz mit freiwilligen Ärzten sowie Krankenschwestern, um sich um kranke oder verletzte Obdachlose zu kümmern.

Jeden Montag kochen, wie bereits beschrieben, Vereinsmitglieder Eintopf, Nudelgerichte, Kaffee und Tee und verteilen diese an etwa 80 – 100 Personen, die sich um 21.00 Uhr am Appellhofplatz einfinden. Wichtiger als diese materielle Versorgung ist jedoch die persönliche Zuwendung, die das tiefe menschliche Bedürfnis nach vorurteilsfreier Begegnung, Kommunikation und Gemeinschaft in Ansätzen befriedigt.

Das Wohnprojekt

Liegt die Begegnung am Appellhofplatz besonders im zwischen- und mitmenschlichen Bereich, so stellt das Wohnprojekt einen ganz praktischen Versuch dar, zusammen mit obdachlosen Menschen eine Änderung ihrer allgemeinen Lebensumstände zu erreichen.

Parallel hierzu haben wir uns bereits im Spätsommer 1994 beim Wohnungsamt der Stadt Köln vorgestellt und um Unterstützung unserer Arbeit gebeten. In Gesprächen wurde ein gemeinsames Konzept entwickelt, wie Wohnraum für Wohnprojekte mit Obdachlosen geschaffen werden kann.

Am 01.12.1994 gründeten wir unser Wohnprojekt. Zunächst nutzte unser Verein in der Zeit von Dezember 1994 bis Oktober 1997 zwei für den Abriss bestimmte Einfamilienhäuser in Köln-Ossendorf zur Unterbringung von bis zu 9 Personen. Der Verein kümmerte sich um die Grundinstandsetzung der sanitären Anlagen, der Stromversorgung im Haus sowie die Beheizungsmöglichkeiten. Die künftigen Mieter renovierten in Eigenleistung (Materialkosten trug die Stadt) ihre Zimmer und die gemeinsam genutzten Räumlichkeiten. Emmaus erklärte sich bereit, die Möblierung der Räume zu übernehmen, so dass das Haus noch vor dem Weihnachtsfest bezogen werden konnte.

Nach den dort gemachten guten Erfahrungen, dem Abriss der Häuser und intensiven Bemühungen gelang es ab November 1997 in Köln-Mülheim ein größeres Haus anzumieten, welches nunmehr Platz für bis zu 14 Personen bot, die wir betreuen konnten.

Neben diesem Bemühen um Unterbringung obdachloser Menschen werden die Bewohner des Wohnprojekts in Begleitung von Vereinsmitgliedern angehalten ihre persönlichen Angelegenheiten zu ordnen (Papiere, Versorgung durch das Sozialamt usw.). Darüber hinaus bemühten wir uns in Zusammenarbeit mit dem Wohnungsamt den betreffenden Personen bei der Suche und Vermittlung von Dauer-Wohnverhältnissen behilflich zu sein.

Dieses Wohnprojekt war für uns eine starke Herausforderung und erforderte einen großen Einsatz von Vereinsmitgliedern, den wir leider auf Dauer nicht beibehalten konnten. Das Haus in der Genovevastr. in Köln-Mülheim musste der Verein leider zum Ende 2001 kündigen. Insgesamt wurden so seit Bestehen des Wohnprojekts 37 Personen von uns untergebracht und zum größeren Teil in eigenen Wohnraum vermittelt.

Wir machten schnell die Erfahrung, dass das Problem „Obdachlosigkeit“ mit der Unterbringung nur vordergründig gelöst scheint. Die Unterbringung in eigenen Wohnraum allein eröffnet noch keine weitergehenden Perspektiven, da der lebensgestaltende Faktor „Arbeit“ fehlt. Aus diesem Grund begannen wir 1996 damit einen therapeutischen Zweckbetrieb in Form eines Arbeits- und Beschäftigungs-Projekt aufzubauen, welches versucht, die besondere Situation obdachloser Menschen zu berücksichtigen.

Das Arbeitsprojekt

Inhaltlich haben wir uns mit diesem Arbeitsprojekt ein hohes Ziel gesteckt.

Das Arbeitsprojekt soll als therapeutischer Zweckbetrieb einerseits eine „Trainingsfunktion“ ausüben, andererseits ein erster Schritt zu einer Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sein.

Zu diesem Zweck hat der Verein seit September 1996 eine Lagerhalle in der Düsseldorfer Str. 139, in Köln-Mülheim angemietet. Mit eigenen LKW werden bei Wohnungsauflösungen, Entrümpelungen usw. Gebrauchtwaren gesammelt und in dieser Lagerhalle sortiert und gelagert.

Der Vorteil dieser Art der Arbeit ist, dass sie einerseits ohne große Vorkenntnisse ausgeübt werden kann, andererseits so vielgestaltig und flexibel ist, dass wir darin den unterschiedlichsten Fähigkeiten und Möglichkeiten der bei uns Beschäftigten gerecht werden können.

Schließlich bietet der Handel mit gespendeten Gebrauchtwaren die Möglichkeit die entstehenden Kosten zu finanzieren und gegebenenfalls langfristig sogar Arbeitsplätze zu schaffen, da satzungsgemäß sämtliche Einnahmen, also auch Spenden, nur für die Obdachlosenarbeit verwandt werden dürfen.

Daher eröffneten wir im Januar 1997 in der Lagerhalle in Köln-Mülheim ein Gebrauchtwarenkaufhaus, in dem Möbel, Hausrat, Kleider, Bücher und vieles mehr von jedermann erworben werden kann.

Die Arbeitsplätze wurden zum einen Teil über das Programm „Hilfe zur Arbeit“ des Sozialamtes der Stadt Köln oder über das Arbeitsamt und zum anderen Teil aus Mitteln des Vereins finanziert. Insgesamt fanden bereits 1997 14 Personen Beschäftigung und Arbeit in unserem Arbeitsprojekt. Teilweise fanden sie später eine feste Anstellung auf dem freien Arbeitsmarkt.

Dem Verein war es möglich, im Jahr 2000 zwei Anleiter und einen Fahrer selbst finanziert einzustellen. Somit hatte unser Verein das Konzept des „Verbundes gemeinnütziger Kölner Möbellager e.V.“, dass die Mitgliedsvereine 1 bis 2 Stellen selbst finanzieren können sollten, bereits erfüllt!

Da das ganze Gelände an der Düsseldorfer Straße in Mülheim neu bebaut wurde und daher diese und andere Hallen abgerissen wurden, mussten wir im Sommer 2002 umziehen. Nach vielen und langwierigen Bemühungen fanden wir in Bickendorf eine neue Halle, leider zum 4-fachen Mietpreis.

Durch den Umzug und den damit verbundenen Verlust der bisherigen Kundschaft wurden die finanziellen Reserven vollständig aufgezehrt. Die selbst finanzierten Angestellten mussten alle entlassen werden; nur durch ehrenamtliche Arbeit und ehrenamtlichen Einsatz konnte sich das Arbeitsprojekt gerade noch langsam erholen.

Mittlerweile finanziert der BfO einen Projektleiter sowie weitere Mitarbeiter vollständig selbst. Mit den erwirtschafteten Einnahmen werden außer den Personalkosten die Fixkosten, das sind Hallenmiete und Nebenkosten, Fuhrpark, Bürobedarf sowie Kosten für Arbeitssicherheit etc. und natürlich auch neue Arbeitsstellen finanziert.

Neben dem Angebot einer sinnvollen, niederschwelligen Arbeit für obdachlose, langzeitarbeitlose und schwer vermittelbare Menschen wie Drogenabhängige, Alkoholkranke oder Haftentlassene ist das Gebrauchtwaren-Kaufhaus BfOBasisLager eine Einkaufmöglichkeit für einen Kundenkreis, der unser preisgünstiges Angebot dringend benötigt.

Der Verein „Bürger für Obdachlose e.V.“ arbeitet daran, das Gebrauchtwarenkaufhaus unseres Vereins als therapeutischen Zweckbetrieb weiter ausbauen sowie diesen Standort als soziale Anlaufstelle für bedürftige Menschen einzurichten.

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